Spannende Gedanken! Und gute Fragen! Antwort zum Community-Teil:
Meinen ersten Entwurf des Beitrags habe ich mit einer Definition von “Community” begonnen. Allein die Definition hätte den Rahmen des Artikels gesprengt, darum hab ich diese Definition dann wieder gelöscht. Du hast jedenfalls recht: Um meinen Argumenten zustimmen oder widersprechen zu können, muss mensch erst mal wissen, was “Community” bedeuten soll.
Ich sage “Community” und nicht “Gemeinschaft”, weil ich an die NBC-Serie Community denke. Die zeigt nämlich, was ich mit Community meine: Eine Community schafft und strukturiert Zusammengehörigkeit und zieht Grenzen nach außen. Jede Community definiert sich über ein bestimmtes Element, das Insiders gemein haben und Outsiders nicht haben. In der NBC-Serie ist dieses Element die spanische Sprache: Die Mitglieder der (ursprünglichen) Gruppe lernen alle Spanisch. Die Spanisch-Study-Group ist sozusagen die “Daseinsberechtigung” dieser Community: Die Daseinsberechtigung einer Community ist in der Regel leicht greifbar, sie macht es leicht, zwischen Insiders (Spanischstudent*innen) und Outsiders (keine Spanischstudent*innen) zu unterscheiden, und sie lässt sich in einem leicht verständlichen, kurzen, klaren Satz gegenüber Outsiders kommunizieren: “Wohin gehst du?” – “Zu meiner Spanish Study Group.” – “Alles klar.”
Das steht natürlich im krassen Gegensatz dazu, dass die Mitglieder der Community in “Community” NIE gemeinsam Spanisch lernen: Die “Daseinsberechtigung” einer Community ist nur ihr Titel, aber nicht das, worum es “eigentlich” geht: Eigentlich geht es darum, gemeinsam das Leben im Community College halbwegs erträglich zu gestalten. Um, egal, wie alt die Mitglieder sind oder woher sie kommen, einen sicheren Raum zu schaffen, in dem sie Unterstützung in jeder Lebenslage, Freundschaft, Spaß und Intrigen finden können.
— Ich glaube, das ist der “eigentiche” Zweck fast JEDER Community – auch der queeren Community. Ihre Daseinsberechtigung oder ihr “Titel” mag zwar “Spanish Study Group” oder “Meine queeren/lesbischen/schwulen/…… Freunde” sein. Aber was im Rahmen dieser Communities eigentlich geschieht und was die Insiders davon erwarten, ist Unterstützung in jeder Lebenslage, Freundschaft, Spaß und Intrigen.
Warum also “Titel” wie “Spanish Study Group” oder “Queer”? Wegen der Antwort auf die Frage “Wohin gehst du?”
Es klingt seltsam, zu einem Outsider (oder auch nur zu uns selbst) zu sagen: “Ich treffe die Leute, von denen ich Unterstützung in jeder Lebenslage, Freundschaft, Spaß und Intrigen erwarte.”
Darum sagen wir (zu anderen und zu uns selbst): “Ich treffe meine queeren Freunde” oder z.B. “Ich geh in die Villa” (was dasselbe bedeutet) oder “Zu meiner Spanischen Study Group.”
Das führt mich zu deiner nächsten Frage: Wer gehört zu einer Community?
Da der Titel einer Community wenig bis nichts damit zu tun hat, worum es in dieser Community eigentlich geht, können auch Menschen, die die Titel-Definition nicht teilen, zu einer Community gehören. Der Titel (z.B. queer oder Spanisch) strukturiert dennoch die Gruppe, die Regeln, worüber man reden “darf”, auch die “politische Korrektheit” innerhalb der Gruppe, und auch, wie man innerhalb der Gruppe Status gewinnen oder verlieren kann. Ein potentielles Mitglied einer queeren Community kann also durchaus Hetero sein, fühlt sich aber in der queeren Community zuhause, wird als Equal akzeptiert, kennt und beherrscht die Regeln, die Insider-Witze und Status-Transaktionen der Gruppe etc.
(Ich hab mal einen ribbonfarm.com-Artikel gelesen, der Communities so ähnlich definiert, und fand ihn großartig; darauf baut meine Definition auf – leider finde ich den Artikel momentan nicht mehr.)